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Honorare für wahlärztliche Leistungen: Nachträgliche Bescheidkorrektur nach Doppelversteuerung

Steuerbescheide dürfen nur dann nachträglich geändert werden, wenn eine Korrekturnorm der Abgabenordnung (AO) anwendbar ist. Innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist ist eine Änderung noch weitgehend problemlos möglich, danach müssen besondere Voraussetzungen für eine Änderung erfüllt sein. Beispielsweise muss dann eine sogenannte neue Tatsache vorliegen. Will der Steuerzahler eine Herabsetzung der Steuer erwirken, darf ihn zudem kein grobes Verschulden daran treffen, dass die neue Tatsache erst nachträglich bekannt geworden ist.

Ein angestellter Chefarzt aus NRW hat nun vor dem Bundesfinanzhof (BFH) von dieser Korrekturnorm profitiert. Sein Arbeitgeber hatte ihm eine feste monatliche Vergütung gezahlt und ihm daneben das Liquidationsrecht für von ihm erbrachte wahlärztliche Leistungen eingeräumt. Die Honorare für die stationär erbrachten Wahlleistungen wurden über ein privates Dienstleistungsunternehmen abgerechnet und dem Privatkonto des Arztes gutgeschrieben, weshalb der Steuerberater des Mediziners davon ausging, dass die Honorare in die Einkünfte aus selbständiger Arbeit einflossen.

Was Berater und Arzt nicht wussten: Das Krankenhaus hatte die Einnahmen aus den stationär erbrachten Wahlleistungen parallel bereits als steuerpflichtigen Arbeitslohn erfasst und dem Lohnsteuerabzug unterworfen. In der Gehaltsmitteilung waren die Einnahmen versteckt in der Zeile "Mitversteuerung" ausgewiesen. Es kam, wie es kommen musste: Das Finanzamt besteuerte die Honorare im Einkommensteuerbescheid erklärungsgemäß sowohl als Arbeitslohn als auch als Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Der Fehler fiel erst nach Ablauf der einmonatigen Einspruchsfrist auf, so dass das Finanzamt eine Bescheidänderung ablehnte. Vor dem BFH konnte der Chefarzt nun jedoch eine Änderung aufgrund neuer Tatsachen erwirken.

Die Bundesrichter urteilten, dass weder den Arzt noch seinen Steuerberater ein grobes Verschulden daran trifft, dass die neue Tatsache (die doppelte Versteuerung) erst nachträglich bekanntgeworden ist. Dem Arzt hatte sich die falsche Erfassung seiner Honorare nicht aufdrängen müssen, da die Zuordnung von wahlärztlichen Leistungen zu einem Dienstverhältnis nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine wertende Einzelfallbetrachtung der Gesamtumstände erforderlich macht. Beruht eine Steuererklärung auch auf einem Rechtsirrtum, ist dies dem Steuerzahler in der Regel nicht als grobes Verschulden anzulasten. Entlastend für den Chefarzt wirkte sich zudem aus, dass das Krankenhaus ihn nicht darüber informiert hatte, dass es die Honorare als Arbeitslohn versteuerte.

Auch dem Steuerberater war kein grobes Verschulden anzulasten, da für den Doppelansatz nicht die unzureichende Prüfung der steuerlichen Rechtslage ausschlaggebend war, sondern die kaum erkennbare Erfassung im Bruttoarbeitslohn.

Information für: Arbeitgeber und Arbeitnehmer
zum Thema: übrige Steuerarten

(aus: Ausgabe 09/2023)

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